Erste Demokratiekonferenz im Landkreis Göttingen
Auftakt für regionale „Partnerschaft für Demokratie“
Mit über 70 Gästen aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft hat am Donnerstag, den 2. Juli 2015, in der Akademie Waldschlösschen in Reinhausen die erste Demokratiekonferenz im Landkreis Göttingen stattgefunden. Sie bildete den offiziellen Auftakt für eine neue „Partnerschaft für Demokratie“ im Landkreis Göttingen. Veranstalter waren der Landkreis und die externe Koordinierung- und Fachstelle der Partnerschaft in Trägerschaft der Bildungsgenossenschaft Südniedersachsen eG (BIGS).
Zur Eröffnung betonte Landrat Bernhard Reuter die Bedeutung bürgerschaftlichen Engagements zur Verteidigung der Demokratie: „Wir haben zu einer Demokratiekonferenz eingeladen, weil wir Sie als engagierte Demokraten kennen – aber auch, weil wir Sie als Demokraten brauchen“, begrüßte Reuter die Teilnehmer. „Demokratie muss vorgelebt, sie muss immer wieder bestätigt und manchmal auch verteidigt werden“, machte der Landrat deutlich.
Nach der Vorstellung der Partnerschaft für Demokratie gab Maik Bischof vom Beratungsnetzwerk des Landespräventionsrats Niedersachsen einen kurzen Einblick in die extreme rechte Szene in Niedersachsen. Schwerpunkte rechter Aktivisten lägen beispielsweise in Hildesheim oder im Harz – mit Kontakten nach Südniedersachsen. Vor allem in der Partei „Die Rechte“ sammelten sich gewaltorientierte Extremisten. Eine Gefahr für Jugendliche sei die schnelle Radikalisierung in rechten Netzwerken. Bischof: „Manche werden in einem halben Jahr von unauffälligen Jugendlichen zu bekennenden Neonazis und Leitfiguren der rechten Szene.“
Zum Abschluss der Konferenz waren dann die Gäste gefragt. In einem „Demokratie-Café“ tauschten sie sich in kleinen Gruppen zu Fragen aus, wie: „Übergriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte haben bundesweit zugenommen. Was kann ich tun, wenn ich mit Ablehnung, Ängsten oder Fremdheitsgefühlen gegenüber Asylsuchenden konfrontiert werde?“ oder „Ich glaube, mein Nachbar ist ein Neonazi – Was tun?“ Ihre Ergebnisse sollen eine Grundlage für die künftige Strategie zur Förderung von Demokratie und Toleranz im Landkreis Göttingen bilden. Neben vielen konkreten Projektansätzen wurde immer wieder die Notwendigkeit frühzeitiger Aufklärung und breiter gesellschaftlicher Bündnisse gegen demokratiefeindliche Phänomene betont.
„Ein voller Erfolg“
Mathis Weselmann von der Koordinierungs- und Fachstelle bewertet die Veranstaltung als vollen Erfolg: „Die Partnerschaft von Verwaltung und demokratischer Zivilgesellschaft funktioniert. Wir haben heute viele Informationen und noch mehr Ideen für unsere weitere Arbeit mitgenommen.“ Das Ziel die demokratischen Akteure und engagierte Bürgerinnen und Bürger in Kontakt zu bringen, habe die Konferenz in jedem Fall erreicht. „Wir sind gespannt, welche konkreten Aktionen und Projekte sich aus dieser Konferenz ergeben.“ Für die nächsten Jahre sind im Rahmen der Partnerschaft für Demokratie jährlich zwei Demokratiekonferenzen in unterschiedlichen Formaten geplant.
Die Koordinierungs- und Fachstelle in Trägerschaft der Bildungsgenossenschaft unterstützt im Rahmen der „Partnerschaft für Demokratie“ zivilgesellschaftliche Initiativen bei der Planung von Aktionen, beim Beantragen von Fördermitteln und in der Abrechnung. Sie setzt das Projekt gemeinsam mit der Stelle zur Förderung von Vielfalt, Demokratie und Toleranz um, die am 15.12.2014 vom Landkreis Göttingen eingerichtet wurde, um demokratiefeindlichen Tendenzen entgegenzuwirken. In der Partnerschaft für Demokratie übernimmt sie vor allem die Koordination innerhalb der Kreisverwaltung.
Eine von 218 Partnerschaften für Demorkatie
Die Partnerschaft für Demokratie (PfD) im Landkreis Göttingen ist eine von bundesweit voraussichtlich 218 „Partnerschaften für Demokratie“ im Bundesprogramm „Demokratie leben! – Aktiv gegen Rechtsextremismus, Gewalt und Menschenfeindlichkeit“. Sie wird finanziert durch das Bundesamt für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ). Das Göttinger Projekt hat am 1. März 2015 begonnen und ist zunächst auf fünf Jahre angelegt. Die Schwerpunkte sind einerseits die Förderung von demokratischer Kultur und demokratischer Beteiligung im ländlichen Raum, andererseits die Bekämpfung von menschen- und demokratiefeindlichen Phänomenen wie Rechtsextremismus, Islamismus oder Islamfeindlichkeit.
Am 1. Juli 2015 hat der Göttinger Kreistag einen 17-köpfigen Begleitausschuss mit Vertreterinnen und Vertretern aus Politik, Verwaltung und Zivilgesellschaft berufen. Die Mitglieder des Ausschusses sind federführend an der Ausarbeitung der regionalen Handlungsstrategie zur Förderung von Demokratie und Toleranz beteiligt. Darüber hinaus vergeben Sie jährlich 20 000 € im Rahmen eines Aktions- und Initiativfonds für Einzelmaßnahmen, wie ein Demokratiefest, eine Plakataktion oder Anschaffung von Lehr- und Informationsmaterialien.
Die Bildungsgenossenschaft Südniedersachsen eG (BIGS) ist ein Zusammenschluss von aktuell 26 Bildungseinrichtungen, vor allem aus der Erwachsenenbildung. Sie verfolgt das Ziel einer Weiterentwicklung der Bildungslandschaft und der Verbesserung des Zugangs zu Bildungsangeboten insbesondere für benachteiligte Bevölkerungsgruppen. Eines ihrer Arbeitsgebiete ist die Förderung der politischen Bildung.
Kontakt:
Mathis Weselmann, BIGS, Fach- und Koordinierungsstelle „Partnerschaft für Demokratie“,
Tel.: 0551 4886413, m.weselmann@bildungsgenossenschaft.de
Mikis Rieb, Landkreis Göttingen, Stelle zur Förderung von Vielfalt, Demokratie und Toleranz,
Tel.: 0551 525-9164, rieb@landkreisgoettingen.de
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!